Theodor Kramer

Theodor Kramer

Theodor Kramer wurde am 1. Jänner 1897 als Sohn des Gemeindearztes Dr. Max Kramer in Niederhollabrunn geboren. Die Arztfamilie bewohnte den alten Meierhof benachbart der Kirche und dem Friedhof am Rande des Dorfes. Zur räumlichen Trennung fügte sich noch der Abstand zur Dorfgemeinschaft. Wegen der jüdischen Abstammung und der Stellung des Vaters gehörte man nicht dazu. Theodor wurde vorerst von seinem Vater zu Hause unterrichtet. Besuchte die Volksschule, Mittelschule und wechselte gemeinsam mit seinem Bruder Richard in eine Realschule nach Wien über. Dort legte er knapp vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges seine Reifeprüfung ab. Im Juni 1933 heiratete Theodor Kramer die Schauspielerin Rosa Halberstam. Um zu überleben musste Theodor Kramer 1939 in das Exil nach England flüchten. Vereinsamt und krank arbeitete er, die Heimat herbeisehnend, als Bibliothekar. Eine vom Bundespräsidenten zugesicherte Ehrenpension bewog Theodor Kramer im Herbst 1957 zur Rückkehr nach Österreich. Ein Schlaganfall und eine Lungenembolie beendeten am 3. April 1958 sein Leben.

Theodor Kramer darf zu den wesentlichen Lyrikern unseres Jahrhunderts gezählt werden. Kramers Dichtung ist gekennzeichnet von der besonderen Art, das Dasein arbeitender Männer und Frauen dazustellen, indem er spricht "für die, die ohne Stimme sind". Dies gelingt derart kraftvoll und unverfälscht, dass ihm die Ausübung von zahlreichen Berufen, denen seine geschundenen, unterdrückten und mißbrauchten Menschen nachgehen, angedichtet wurde. Ein beträchtlicher Teil seines Schaffens entstand im Exil in England.

Die Theodor Kramer Gesellschaft versucht etwas, was eigentlich ein schiefes Licht auf uns alle wirft: die Exildichtung zu rehabilitieren.

 

Auf dem stillen Kirchberg stand ...

Auf dem stillen Kirchberg stand

schön mein Vaterhaus,

und ich sah ins weite Land

übers Dorf hinaus.

Sah die Mühl am untern End

und die Ziegelei,

Korngeländ und Kleegeländ

längs der Häuserreih.

Sah das Dorf vom Kirchberg gut,

zählte nicht dazu

ganz: denn nah war nur das Gut

und des Friedhofs Ruh.

Und so blieb es, weil ich seh

und doch abseits wohn,

sing von Gras und Korn ich weh,

schön von Lehm und Mohn. (Theodor Kramer)